Von asozialem Verhalten und Mitgefühl…
Ein Appell an Gäste!
„Ich warte schon seit über 5 Minuten!!!!“, schreit der Gast die Mitarbeiterin wutentbrannt an. Der Stuhl ist umgekippt, der Gast hochrot angelaufen und die Mitarbeiterin hat Tränen in den Augen…
Sag mal, hat hier irgendwer der Schuss nicht gehört?
Was sich hier anhört wie die Einleitung eines billigen Taschenromans, ist leider traurige Realität! Erlebt vor ein paar Tagen im Biergarten unseres Partners im schönen Beilngries. Ich selbst bin aufgrund dieser Situation völlig fassungslos. Sag mal, hat hier irgendwer der Schuss nicht gehört? Hat irgendjemand noch nicht mitbekommen, vor welchen Herausforderungen die Gastronomie und Hotellerie gerade steht? Corona und die Nachwehen haben dafür gesorgt, dass an allen Ecken und Enden wichtige Hände fehlen, um voll leistungsfähig zu sein oder auch um plötzliche Spitzen abzudecken. Um das irgendwie zu meistern, gehen gerade unzählige Mitarbeiter*innen in den Restaurants, Biergärten, Hotels, Bars, in Küche wie im Service tagtäglich an ihre Grenzen und oftmals weit darüber hinaus. Konkret gesagt: Viele Servicekräfte und Gastgeber geben gerade alles dafür, damit Gäste etwas zu trinken bekommen, ohne oft stundenlang selbst etwas zu trinken.
Umgekehrt hat doch gerade die Coronazeit aufgezeigt, wie wichtig die Gastronomie und Hotellerie für Seele, Glück und Wohlbefinden der Menschen wirklich ist. Jetzt ist auch die Zeit, vielleicht ein wenig liebevoller und mit mehr Mitgefühl mit den Menschen umzugehen, die gerade alles geben, diesen Service Tag für Tag zu leisten. Mitgefühl ist übrigens eines der wenigen Dinge, die uns im wahrsten Sinne menschlich machen. Im Gegensatz zur Empathie erfordert Mitgefühl ja Verständnis und damit die Bereitschaft, sich in sein Gegenüber einzudenken.
Die Würde des Menschen ist unantastbar? Das gilt auch für Gastgeber!
„Ich will aber was – und ich will es jetzt sofort!“, ist nicht nur das Verhaltensmuster eines/einer 5-Jährigen, sondern im wahrsten Sinne asozial (der griechische Präfix „a“ bedeutet so viel wie „un“ oder „gegen“). Servicekräfte zu erniedrigen, zu entwerten oder herablassend zu behandeln, überschreitet einfach eine rote Linie. Im Grundgesetz steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ und das gilt eben auch für uns Gastgeber. Auch wenn ich mir Nachrichten zurzeit ansehe, weiß ich nicht, ob es wirklich das größte Problem auf dieser Welt ist, wenn jemand 5 Minuten auf ein Getränk warten muss…
Die vielen Restaurants, Bars, Biergärten, Gaststätten und Hotels sind keine Plätze, wo man seinen Tages- oder Lebensfrust loswerden kann, indem man diesen an den Mitarbeiter*innen versucht herauszulassen. Das ist nicht gemeint mit dem Ziel der Branche, dass Gäste eine gute Zeit verbringen sollen. Und die Gastronomie ist auch kein Platz, wo man nur seine Ruhe hat. Die hat man beispielsweise auf einer Parkbank. Mitarbeiter*innen fragen dort, ob sie noch etwas tun können, damit Gäste sich wohl fühlen. Auch auf solche Fragen unfreundlich oder unwirsch zu reagieren, ist ein „No-Go“! Das heißt übrigens nicht, dass man als Gast jeden Fehler oder jedes Missfallen jetzt ignorieren sollte und akzeptieren muss. Aber auch Reklamationen und Beschwerden kann man anbringen und gleichzeitig die Würde der Mitarbeiter*innen im Service achten.
Lieber Gast, ist das nicht einfach die perfekte Zeit, ein wenig respektvoller, liebevoller und mit mehr Mitgefühl mit Servicekräften umzugehen? Ich weiß zwar, dass der große Teil der Gäste einfach nur glücklich ist, eine schöne Zeit und ein paar glückliche Augenblicke in Gastronomie und Hotellerie verbringen zu können. Aber auch Ausnahmen können ziemlich weh tun und sind gerade in dieser schwierigen Zeit absolut verzichtbar!