Führung von morgen braucht ein paar Pippi Langstrümpfe mehr…

Mach dir die Welt, wie sie dir gefällt? Was wir von Pippi Langstrumpf im Führungsalltag lernen können…
Wer kennt nicht die kleine, freche Göre mit den Sommersprossen und den zwei roten Zöpfen. Immer schräg, immer lustig, großzügig, fürsorglich, immer anders, immer laut und kämpferisch. Ein liebenswerter, authentischer Wildfang, der selbst mathematische Gesetze aushebelt- nur damit es ihr gut dabei geht. Vermutlich haben sich viele Eltern und Führungskräfte schon gedacht, oh je, was für ein Alptraum. Stell dir mal vor, wir hätten so jemanden im Team? Wie gehen wir mit so jemandem um, der es vermutlich nicht schafft, sich an Richtlinien zu halten? Aber wer genau steckt hinter dieser Pippi eigentlich wirklich? Habe ich mir überhaupt schon Gedanken gemacht über diesen Charakter, oder habe ich von vornherein mein „Schubladendenken“ angewandt? Ehrlich gesagt, habe ich mir nie viele Gedanken um Pippi gemacht, zumindest als Kind. Ich wollte immer so werden wie sie und habe ihr in vielem nachgeeifert, denn ich fand sie großartig. Und einen Affen wollte ich eh schon immer. Meine Eltern und Lehrer hingegen waren froh als ich älter wurde und damit auch ein Stück weit mehr wie Thomas und Annika: brav, leise und angepasst.
Als ich schließlich selbst Mama wurde, habe ich meinen Kindern oft die Geschichten von Pippi vorgelesen und immer gehofft, sie mögen so werden wie sie und nicht wie Thomas und Annika. Nein, meine Kinder sollten stark, mutig und auch mal laut in die Welt hinausgehen. Mut zu haben, die Welt zu entdecken, neugierig zu sein, um Dinge begreifen zu können und stark zu sein, um ihre Meinung und Werte in einer sich immer schneller drehenden Welt vertreten zu können. Meine Kinder sollten keine zaghaften Kinder bleiben und auch ruhig mal Grenzen überschreiten dürfen, denn auch das gehört zum Großwerden dazu. Ich wollte keine ängstlichen Kinder wie Thomas und Annika, die die Welt „normal“ betrachten…
Heute, wo ich mich mit dem Thema Führung und Coaching auseinandersetzte, betrachte ich Pippi, Thomas und Annika wieder mit ganz anderen Augen. Heute würde ich behaupten, dass Pippi ihrer Zeit voraus gewesen ist. Ich würde heute über sie behaupten, dass sie eine furchtlose Vordenkerin gewesen ist. Ich würde behaupten, dass sie eine mündige Bürgerin gewesen ist, die schon damals vernetzt über die ganze Welt gewesen ist. Ich würde behaupten, dass sie die Welt so gestalten würde wie sie ihr gefällt, notfalls würde sie alles daransetzen, analog sowie digital, um die Welt zu dem zu machen, wie es ihr gefällt. Ich würde behaupten, dass sie alle Eigenschaften einer modernen Führungskraft mit sich bringen würde. Nicht nur, dass sie sich authentisch gibt. Nein, sie sorgt dafür das sich Menschen in ihrer Nähe entfalten können, dass sie etwas lernen, dass sie wachsen können.
Iris Nutz: “Pipi wäre der geborene Coach!”
Sie würde aber auch aufzeigen, welche Ressourcen und Stärken in jedem einzelnen liegen. Sie würde ihren Mitarbeitern, helfen diese gemeinsam entdecken zu können. Jeden Tag würde sie ihr Team bestärken, Mut machen und durch „unebene Fahrwasser“ das Schiff manövrieren. Sie würde die Segel bei jeder „Krise“ in die Hand nehmen und gemeinsam einen sicheren Hafen suchen. Sie würde mutig und mit vollem Eifer neue Dinge ausprobieren. Agilität wäre für sie selbstverständlich und keine Herausforderung, dies in ihren Alltag zu integrieren. Sie wüsste genau, wann sie welche Rolle einnehmen müsste im Team, mal als Mutmacher, mal als Mediator, mal als „Teamplayer“ oder eben auch als Führungskraft. Sie würde anerkennen und Feedback geben. Sie wäre der geborene Coach, der sein Team fördert und unterstützt und dabei Werte in das Unternehmen mit einbringen würde. Fehler würde sie feiern, anstatt daran zu verzweifeln und sie hätten die Möglichkeit, gemeinsam daraus zu lernen. „Employer Branding“ würde es nicht nur auf dem Papier geben, sondern tatsächlich gelebt werden. Weiterbildung wäre kein Fremdwort mehr, sondern Teil der Kultur. Vielleicht würde „Kleiner Onkel“ in der Hotellobby stehen und Herr Nielsson die Kaffeeküche durcheinander bringen…für Pippi wäre das ihr eigene Work-Life-Balance.
Und was hätten Thomas und Annika davon? Eine ganze Menge. Sie könnten wachsen und gedeihen. Sie wären sich ihrer Stärken bewusst und hätten Vertrauen in sich. Sie würden sich trauen, Ideen einzubringen und ihre Meinung zu vertreten. Sie wüssten, dass sie Fehler machen dürften, sollten und könnten daraus lernen. Sie könnten ihre Authentizität mit einbringen, sie könnten leuchten und strahlen. Sie bräuchten niemanden, der sie motiviert, denn sie wären intrinsisch motiviert. Sie könnten agil arbeiten ohne Angst haben zu müssen. Hierarchieebenen würden sie nicht kennen. Und wenn sie Lust hätten, gemeinsam mit Kleiner Onkel durch die Hotellobby zu reiten, so wäre es für alle auch in Ordnung.
Sie dürften Menschen sein. Menschen, liebevoll Generation Z, Alpha oder Digital Natives genannt, brauchen und wünschen sich Führungskräfte wie Pippi. Sie wollen keine Hierarchieebenen mehr, sie wollen auf Augenhöhe behandelt werden. Sie möchten Fehler machen dürfen. Sie möchten von den „Alten“ lernen dürfen, aber auch ihr Wissen miteinbringen dürfen. Sie sind an Feedbackkulturen gewohnt. Sie brauchen Anerkennung und wünschen sich Richtlinien. Es ist an uns, aus „Thomas und Annika“ Pippies zu formen.
(Anm. meiner Eltern…ich war nie brav, leise und ruhig)